Vor Tische las man's anders

Vor Tische las man's anders
Vor Tische las man's anders
 
Dieser Ausspruch stammt aus Schillers Drama »Wallenstein« (Die Piccolomini IV, 7). Der »kaiserliche Generalissimus« Wallenstein möchte sich der bedingungslosen Parteinahme seiner Generäle schriftlich versichern und lässt dazu ein entsprechendes Schriftstück verfassen. Bei einem Bankett sollen alle unterschreiben. Die Bankettszenen füllen den gesamten 4. Akt. Zu Beginn wird das Schriftstück verlesen. Es enthält eine wichtige Vorbehaltsklausel (»soweit nämlich unser dem Kaiser geleisteter Eid es erlauben wird«), die in einer zweiten, den Generälen gegen Ende des Banketts schließlich zur Unterschrift vorgelegten Version fehlt. Für die meisten der mittlerweile mehr oder weniger betrunkenen Generäle ist dies ohne Belang. Einer aber, General Tiefenbach, ist misstrauisch geworden, er vermisst die Klausel und sagt: »Ich merkt' es wohl, vor Tische las man's anders.« Später fügt er noch hinzu: »Vor Tisch war ein gewisser Vorbehalt/Und eine Klausel drin von Kaisers Dienst.« Der Ausspruch »Vor Tische las man's anders« wurde zum geflügelten Wort, das aber wohl weniger im Zusammenhang mit einem geänderten Schriftstück zitiert wird als eher in Fällen eines auffallenden Sinneswandels oder einer nicht eingehaltenen Abmachung.

Universal-Lexikon. 2012.

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